Pflichtteil – Fragen und Antworten

Wer ist pflichtteilsberechtigt?

Pflichtteilsberechtigt sind an erster Stelle die Abkömmlinge des Erblassers. Dies sind zunächst die Kinder des Erblassers. Leben die Kinder des Erblassers nicht mehr, treten an deren Stelle ihre Kinder, d.h. die Enkel des Erblassers. Auch diese sind als Abkömmlinge dann pflichtteilsberechtigt. Das gleiche kann sich auch – wenn auch in seltenen Fällen – für die Urenkel des Erblassers ergeben. Zu beachten ist stets, erbberechtigt und dann auch pflichtteilsberechtigt, ist stets der noch lebende nähere Abkömmling des Erblassers.

Etwas anders, d.h. ein Pflichtteilsrecht für den entfernteren Abkömmling bei noch lebenden näheren Abkömmling, kann dann gelten, wenn der nähere Verwandte die Erbschaft ausgeschlagen hat, auf die Erbschaft verzichtet hat oder erbunwürdig ist. Dann lebt das gesetzliche Erbrecht des entfernteren Verwandten auf, und für ihn kommt ein Pflichtteilsrecht in Betracht.

Pflichtteilsberechtigt sind auch die Eltern des Erblassers, jedoch nur dann, wenn der Erblasser keine näheren oder entfernteren Abkömmlinge hat.

Beispiel: Der Erblasser E setzt in einem Testament allein seine Ehefrau F als Erbin ein. Der Sohn S hat auf sein Erbrecht verzichtet.

S gilt dann als im Erbfall nicht mehr lebend, pflichtteilsberechtigt können dann z.B. die Kinder des S oder gar die Eltern des Erblassers E sein.

Nicht pflichtteilsberechtigt sind hingegen Geschwister des Erblassers oder dessen Großeltern. Diese können nur dann „pflichtteilsberechtigt“ sein, wenn sie einen Pflichtteilsberechtigten beerbt haben.

Beispiel:Der Erblasser E ist kinderlos und nicht verheiratet. Er bestimmt in seinem Testament seine Lebensgefährtin F als Alleinerbin. Der Vater des E ist bereits gestorben; die Mutter des E stirbt kurz nach ihm und wird von ihrem anderen Sohn, dem S (dem Bruder von unserem Erblasser E) allein beerbt.

Die Mutter des E hat gegen die Lebensgefährtin des E Pflichtteilsansprüche, da E ohne Abkömmlinge verstorben ist. Der Bruder S unseres Erblassers E hat hingegen keine Pflichtteilsansprüche. Mit dem Tode der Mutter gehen aber die Pflichtteilsansprüche auf den S über, der diese dann gegen die F als Alleinerbin des E geltend machen kann.

Ist der Ehegatte des Erblassers auch pflichtteilsberechtigt?

Der überlebende Ehegatte ist neben Abkömmlingen oder Eltern des Erblassers ebenfalls pflichtteilsberechtigt. Er ist jedoch nicht pflichtteilsberechtigt, wenn die Ehe geschieden war oder wenn beim Erbfall die Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben waren, der Erblasser Scheidungsantrag gestellt oder dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten zugestimmt hat.

Die Höhe des Pflichtteils des Ehegatten richtet sich nach der Höhe seines gesetzlichen Erbteils, und beträgt davon die Hälfte. Insofern gilt es immer zuerst den gesetzlichen Erbteil zu ermitteln.

Der gesetzliche Erbanspruch des Ehegatten beträgt neben den Kindern des Erblassers 1/4, neben den Eltern des Erblassers 1/2.

Lebten die Ehegatten in Zugewinngemeinschaft gewährt das Gesetz dem Ehegatten einen weiteren gesetzlichen Erbteil von 1/4. Dieser tritt an die Stelle des bei Auflösung der Ehe auch möglichen Anspruches auf Zugewinnausgleich.

Bestand zum Erbfall Gütertrennung (nicht so selten) beträgt der gesetzliche Erbanspruch des Ehegatten bei einem Kind 1/2, bei zwei Kindern 1/3 und bei mehr Kindern 1/4. Der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten kann also 1/4, 1/6 oder auch nur 1/8 betragen.

Gütertrennung

Beispiel: Die Eheleute E und F haben durch notariellen Vertrag für ihre Ehe Gütertrennung vereinbart. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Der E verstirbt und hat in einem Testament seine beiden Kinder als Erben eingesetzt.

Das gesetzliche Erbrecht der F beträgt 1/3, ihr Pflichtteilsanspruch die Hälfte davon, also 1/6 der Erbschaft.

Beispiel: Die Eheleute E und F haben durch notariellen Vertrag Gütertrennung vereinbart. Die Eheleute haben keine Kinder. Der E verstirbt und hat in einem Testament seine Eltern als Erben eingesetzt.

Das gesetzliche Erbrecht der F beläuft sich in diesem Fall auf 1/2, der Pflichtteilsanspruch 1/4 der Erbschaft.

Zugewinngemeinschaft

Beispiel: Die Eheleute E und F haben keinen Ehevertrag geschlossen, sie leben also in Zugewinngemeinschaft. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Der E verstirbt.

Das gesetzliche Erbrecht der F beträgt 1/2 und für den Zugewinnausgleich wird ein weiterer Erbteil von 1/4 gewährt. Hieraus folgt ein sog. kleiner Pflichtteil von 1/4 (dieser bemisst sich nur nach dem gesetzlichen Erbteil von 1/2) und ein sog. großer Pflichtteil von 3/8 (dieser beinhaltet den gesetzlichen Erbteil von 1/2 sowie den weiteren Erbteil für den Zugewinnausgleich von 1/4).

Beispiel: Die Eheleute E und F haben keinen Ehevertrag geschlossen, sie leben also in Zugewinngemeinschaft. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Der E verstirbt.

Das gesetzliche Erbrecht der F beträgt 1/4 und für den Zugewinnausgleich wird ein weiterer Erbteil von 1/4 gewährt. Hieraus folgt ein sog. kleiner Pflichtteil von 1/8 (dieser bemisst sich nur nach dem gesetzlichen Erbteil von 1/4) und ein sog. großer Pflichtteil von 1/4 (dieser beinhaltet den gesetzlichen Erbteil von 1/4 sowie den weiteren Erbteil für den Zugewinnausgleich von 1/4).

Nun ist Folgendes zu beachten:

Ist der Ehegatte nicht Erbe, bestimmt sich sein Pflichtteil nur nach dem nicht durch den pauschalen Zugewinnausgleich erhöhten Erbteil (§ 1371 Abs.2).

Beispiel: Die Eheleute E und F leben in der üblichen Zugewinngemeinschaft. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Der E verstirbt und wird aufgrund Testament von seinen beiden Kindern beerbt. Die Ehefrau F ist also nicht Erbin.

Das gesetzliche Erbrecht der F beträgt 1/4 und für den Zugewinn pauschal weitere 1/4. Hieraus folgt ein sog. kleiner Pflichtteil von 1/8 und ein sog. großer Pflichtteil von 1/4. Da die F aber nicht Erbin ist, kann sie nur den kleinen Pflichtteil von 1/8 und daneben den Ausgleich des Zugewinns verlangen. Ihr steht aber nicht der sog. große Pflichtteil von 1/4 zu.

Beispiel: Die Eheleute E und F sind in Zugewinngemeinschaft verheiratet. E stirbt, hat die F aber nicht enterbt. Die F schlägt aber die Erbschaft aus.

F ist zwar zunächst Erbin, durch die Ausschlagung verliert sie zwar diese Stellung, wäre aber eigentlich auch nicht pflichtteilsberechtigt, da sie nicht enterbt war. Für den Ehegatten gibt es aber die Besonderheit, dass er trotz Ausschlagung den Pflichtteil verlangen kann. F kann aber auch hier nicht zwischen dem „großen Pflichtteil“ und dem „kleinen Pflichtteil“ mit Zugewinnausgleich wählen, sondern es verbleibt bei dem „kleinen Pflichtteilteil“ und Ausgleich des Zugewinns.

Beispiel: Die Eheleute E und F sind in Zugewinngemeinschaft verheiratet. Die Eheleute haben ein Kind. E stirbt und hat die F mit seinem Testament auf einen geringen Erbteil von nur 1/10 eingesetzt.

In diesem Fall kann die überlebende Ehefrau F neben ihrem Erbteil von 1/10 einen Zusatzpflichtteil bis zur Höhe ihres „großen“ Pflichtteils, in diesem Fall 1/4, verlangen.

Wann ist man pflichtteilsberechtigt?

Der pflichtteilsberechtigte Personenkreis besteht aus den Abkömmlingen, den Eltern und den Ehegatten. Oftmals ist jedoch nicht klar, ob eine diese Personen überhaupt Pflichtteilsansprüche geltend machen kann.

Zunächst sind dies – und auch in der Regel – die „vollständig Enterbten“, aber auch diejenigen, denen durch Testament oder Erbvertrag weniger als die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils hinterlassen ist. Verlangt werden kann dann der Zusatzpflichtteil.

Beispiele:

Die verwitwete F bestimmt in ihrem Testament zu Erben ihren Bruder zum Alleinerben. Ihren einzigen Sohn S enterbt sie.

Bei gesetzlicher Erbfolge wäre der S der Alleinerbe, die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, der Pflichtteil des S beträgt also 5/10. S kann einen Pflichtteil von 5/10 verlangen.

Die verwitwete F bestimmt in ihrem Testament zu Erben ihren Bruder zu 9/10 und ihren alleinigen Sohn S zu 1/10.

Bei gesetzlicher Erbfolge wäre der S der Alleinerbe, die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, der Pflichtteil des S beträgt also 5/10. S kann dann neben seinem Erbteil von 1/10 noch weitere 4/10 als Zusatzpflichtteil verlangen.

Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, aber mit einem Vermächtnis bedacht, kann er das Vermächtnis ausschlagen und dann den Pflichtteil verlangen. Dies gilt unabhängig von Größe und Inhalt des Vermächtnisses.

Beispiel:

Die verwitwete F bestimmt in ihrem Testament zum Alleinerben ihren Bruder und für ihren Sohn S ein Vermächtnis, dass er das Familienheim bis an sein Lebensende bewohnen darf (Wohnrecht).

S hat zwei Möglichkeiten. Er kann das Vermächtnis ausschlagen und seinen vollen Pflichtteil von 5/10 der Erbschaft verlangen. Er kann aber auch das Vermächtnis annehmen, und soweit der Wert des Vermächtnisses den Pflichtteil von 5/10 nicht erreicht, Ergänzung bis zur Höhe des Pflichtteils verlangen.

Ist der Pflichtteilsberechtigte zugleich Erbe und mit ausreichendem Nachlass versorgt (mehr als der Pflichtteil), aber beschwert oder belastet durch Testamentsvollstreckung, Einsetzung eines Nacherben, ein Vermächtnis oder eine Teilungsanordnung, so kann der Erbe ausschlagen und seinen Pflichtteil verlangen (unkompliziert bei Erbfällen ab dem 01.01.2010, Erbfälle davor ggf. anders).

Beispiel:

Die verwitwete F bestimmt in ihrem Testament zum Vorerben ihren alleinigen Sohn S und zum Nacherben die Enkelin E.

Der S kann die mit einer Nacherbschaft „belastete“ Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil verlangen.

Kann ich die Erbschaft ausschlagen und meinen Pflichtteil fordern?

Wie so oft, es kommt darauf an. Schlägt der pflichtteilsberechtigte Erbe aus, kann er in der Regel keinen Pflichtteil verlangen.

Beispiel:

Der verwitwete Erblasser E hinterlässt eine etwas unübersichtliche Erbschaft mit sechs Grundstücken, einer Firma und erheblichem Vermögen an seine drei Söhne (ohne Testament). Nun ist der eine Sohn – Langzeitstudent und Weltumsegler – der Ansicht, nur Bares ist Wahres, geht zum Nachlassgericht schlägt die Erbschaft aus und sagt zu seinen zwei Brüdern, gebt mir doch einfach meinen Pflichtteil.

Da erwidern die Brüder, du hast ausgeschlagen, und bekommst gar nichts; dies zu Recht. Pflichtteilsberechtigt ist der Abkömmling, der durch Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist. Der Sohn war nicht von der Erbfolge ausgeschlossenen. Dass er durch die Ausschlagung kein Erbe ist, und dies auch auf den Erbfall zurückwirkt, ändert aber nichts daran, dass der Sohn eben gerade nicht von der gesetzlichen Erbfolge durch den Erblasser ausgeschlossen war.

Etwas anderes gilt für pflichtteilsberechtigte Ehegatten oder beschwerten Erben (Vermächtnis, Testamentsvollstreckung o.ä.).

Beispiel:

Wie soeben, nur dass der Erblasser E seiner Haushälterin an einem Wohngrundstück ein lebenslanges Wohnrecht als Vermächtnis bestellt hat. Hier kann der Sohn ausschlagen und von seinen Brüdern den Pflichtteil verlangen.

Ist der Erbe mit einem unter dem Pflichtteil liegenden – unbeschwerten – Erbteil bedacht, so kann er ausschlagen, dann aber nur noch seinen Zusatzpflichtteil verlangen (Differenz zwischen dem ausgeschlagenen Erbteil und dem Pflichtteil).

Beispiel:

Der verwitwete Erblasser E hinterlässt einen etwas unübersichtlichen Nachlass mit sechs Grundstücken, einer Firma und erheblichem Vermögen für seine drei Söhne. Wert des Nachlasses insgesamt 12.000.000 EUR. Er setzt seine beiden erstgeborenen Söhne auf einen Erbteil von je 23/48 und den Weltumsegler S auf einen Erbteil von 1/24.

S ist bestürzt über diese geringe Zuwendung und die absehbaren Probleme in der Erbengemeinschaft, geht zum Nachlassgericht und schlägt die Erbschaft aus.

Danach geht er zu seinen Brüdern und verlangt – zu Recht – einen Betrag von 1.500.000 EUR, seinen Zusatzpflichtteil. Dieser berechnet sich wie folgt: 1/6 Pflichtteil von 12.000.000 EUR = 2.000.000 EUR, abzüglich des – ausgeschlagenen – Erbteils im Wert von 500.000 EUR.

S kann natürlich auch in der Erbengemeinschaft verbleiben und den Zusatzpflichtteil fordern; wegen der absehbaren Probleme in der Erbengemeinschaft wollte er dies aber gerade nicht.

Unberührt von einer Ausschlagung bleiben aber auch die Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung wegen Schenkungen des Erblassers vor dessen Tode.

Beispiel:

Der verwitwete Erblasser E verschenkt vor seinem Tod an seine Lebensgefährtin F Haus, Hof und Kontoguthaben. Sein Sohn S möchte mit der wertlosen Erbschaft nichts zu tun haben. Er schlägt die Erbschaft aus.

Aufgrund der Ausschlagung stehen S zwar keine Ansprüche auf Pflichtteil zu, er war Erbe und hat ausgeschlagen. Er kann aber von den Erben oder hier ersatzweise von der beschenkten F seinen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung fordern.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbes. Bei der Feststellung des gesetzlichen Erbteils werden u.a. mitgezählt, wer durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen ist, wer die Erbschaft ausgeschlagen hat und wer für erbunwürdig erklärt wird. Hingegen werden diejenigen nicht mitgezählt, die bereits vor dem Erblasser verstorben sind oder wer durch Erbverzicht von der Erbfolge ausgeschlossen ist.

Beispiele:

a) Der verwitwete Erblasser E hat zwei Töchter und einen Sohn. Er bestimmt in seinem Testament zu alleinigen Erben seine Töchter.

Der gesetzliche Erbteil des Sohnes beträgt 1/3, sein Pflichtteil 1/6.

b) Der verwitwete Erblasser E hat zwei Töchter und einen Sohn. Er bestimmt in seinem Testament zu alleinigen Erben seine Töchter; eine Tochter schlägt die Erbschaft aus.

Der gesetzliche Erbteil des Sohnes beträgt 1/3, sein Pflichtteil 1/6.

c) Der verwitwete Erblasser E hat zwei Töchter und einen Sohn. Er setzt in seinem Testament zu alleinigen Erben seine Töchter ein. Eine Tochter verstirbt ohne weitere Abkömmlinge vor dem Erblasser.

Der gesetzliche Erbteil des Sohnes beträgt 1/2, sein Pflichtteil 1/4.

d) Der in Zugewinngemeinschaft lebende Erblasser E setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein. Die Ehe ist kinderlos.

Die Eltern des E haben einen gesetzlichen Erbanspruch von 1/4, der Pflichtteil beträgt 1/8.

e) Der in Gütertrennung lebende Erblasser E setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein. Die Ehe ist kinderlos.

Die Eltern des E haben einen gesetzlichen Erbanspruch von 1/2, der Pflichtteilsanspruch beträgt 1/4.

f) Der in Zugewinngemeinschaft lebende Erblasser E setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen.

Die Kinder des Erblassers E haben einen gesetzlichen Erbanspruch von jeweils 1/4, der Pflichtteil beträgt für jedes Kind 1/8.

Nach welchem Wert berechnet sich der Pflichtteilsanspruch?

Entscheidend ist der Wert der Erbschaft im Zeitpunkt des Erbfalls.

Konten und Depots sind mit deren allgemeinen Wert anzusetzen, Grundstücke, Unternehmen oder sonstige bewegliche Gegenstände mit dem Verkehrswert.

Von diesem Wert sind abzuziehen, sämtliche Schulden die bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls bestanden haben oder die mit dem Erbfall entstehen. Hierzu zählen u.a. Verbindlichkeiten auf den Tod zugunsten Dritter, auf den Tod aufschiebend bedingte oder befristete Schenkungen, die Kosten der standesgemäßen Beerdigung, die Kosten der Nachlassfeststellung und Nachlasssicherung, die Kosten der Wertermittlung des Nachlasses.

Nicht abzugsfähig sind hingegen Vermächtnisse, Auflagen oder Ansprüche von Familienangehörigen auf den Dreißigsten. Auch Pflichtteilsansprüche oder Kosten der Nachlassverwaltung oder Auseinandersetzung können ebenso wenig abgezogen werden, wie die Erbschaftssteuer oder die Kosten für die Testamentseröffnung.

Nicht abzugsfähig sind ferner bedingte, ungewisse oder unsichere Rechte, dies sind z.B. Verbindlichkeiten, die vom Erben in Abrede gestellt werden, unverjährte Pflichtteilsansprüche die sich im Nachlass befinden, dingliche Belastungen, wie Grundschulden.

Sind auf den Pflichtteil Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten anzurechnen? Wie verhält es sich mit ausgleichspflichtigen Zuwendungen?

Der Pflichtteilsberechtigte muss sich Zuwendungen, die er vor dem Tode des Erblassers erhalten hat, nur dann anrechnen lassen, wenn der Erblasser vor oder bei der Zuwendung eine Anrechnung auf den Pflichtteil angeordnet hat. Spätere Anordnungen sind in der Regel unerheblich.Die Anrechnung erfolgt dadurch, dass der Wert der Zuwendung dem Nachlass hinzugerechnet wird, und die Zuwendung dann von dem sich hieraus ergebenden Pflichtteilsanspruch in Abzug gebracht wird.

Beispiel:

Der verwitwete Erblass E hinterlässt eine Erbschaft von 100.000 EUR an seinen Sohn S. Der andere Sohn K ist enterbt, er hat aber auch schon früher von seinem Vater einen Betrag von 10.000 EUR (wertangepasst) mit der Bestimmung erhalten, dass er sich diesen auf den Pflichtteil anrechnen lassen muss.

Pflichtteilsanspruch des K? Die 10.000 EUR werden dem Nachlass hinzugerechnet, Wert: 110.000,00 EUR, hiervon 1/4 Pflichtteil, demnach 27.500 EUR, abzüglich der bereits erhaltenen 10.000 EUR, also 17.500 EUR Pflichtteilsanspruch

Die pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge müssen sich aber auch ausgleichspflichtige Zuwendungen (Ausstattungen oder Zuwendungen mit der Bestimmung der Ausgleichung) anrechnen lassen, soweit mehrere Abkömmlinge vorhanden sind. Neuerdings gehören hierzu auch Pflegeleistungen der Abkömmlinge über einen längeren Zeitraum.

Beispiel:

Der Erblasser E ist verheiratet, aus der Ehe sind ein Sohn S und eine Tochter T hervorgegangen. Der E bestimmt in seinem Testament Max zur Alleinerbin seine Ehefrau. S hat von E bereits vor dessen Tode 10.000 EUR erhalten, T hat 20.000 EUR erhalten, jeweils mit der Bestimmung das diese Zuwendungen ausgleichspflichtig sind. Der Nachlass beträgt 100.000 EUR.

Pflichtteilsansprüche der Kinder? Der Nachlass mindert sich für die Ausgleichung zunächst um den gesetzlichen Erbteil der Ehefrau. Es bleiben 50.000 EUR, erhöht um die frühere Zuwendung, also 80.000 EUR.

Für S wäre dann der gesetzliche Erbteil bei 40.000 EUR, gemindert um die Zuwendung von 10.000 EUR, also 30.000 EUR, sein Pflichtteil würde bei 15.000 EUR liegen.

Für T würde der gesetzliche Erbteil um 20.000 EUR gemindert, ihr Pflichtteil würde dann bei 10.000 EUR liegen.

Kann man von den Erben über den Nachlass Auskunft verlangen, und wenn ja, in welchem Umfang?

Der Erbe ist dem Pflichtteilsberechtigten zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses verpflichtet.

Die Auskunft hat durch Vorlage eines vollständigen und einheitlichen Vermögensverzeichnisses zu erfolgen.

Die Auskunft umfasst den gesamten Nachlassbestand zum Zeitpunkt des Erbfalls, dazu gehören auch Auskünfte über entstandene, aber noch nicht realisierte Forderungen, über lebzeitige Zuwendungen des Erblassers, die ggf. ausgleichspflichtig oder anrechnungspflichtig wären, über Schenkungen des Erblassers an den Erben oder Dritte, einschließlich unbenannter Zuwendungen während der Ehe.

Ein allgemeines Recht des Pflichtteilsberechtigten sich auch die Belege vorlegen zu lassen besteht nicht, kann sich aber in Einzelfällen ergeben, so z.B. wenn diese zur Wertfeststellung erforderlich sind oder zur Feststellung, ob eine Schenkung vorgelegen hat.

Der Erbe hat die Richtigkeit der Angaben auf Anforderung des Pflichtteilsberechtigten an Eides statt zu versichern.

Reicht dem Pflichtteilsberechtigten ein privat erstelltes Verzeichnis – wie so oft – nicht aus, kann er die Aufnahme eines notariellen Verzeichnisses verlangen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass letztlich der Notar den Nachlassbestand ermittelt, soweit zumutbar und möglich, und hierüber eine Urkunde erstellt.

Zumeist kommt der Pflichtteilsberechtigte bei streitigen Fällen nur über diesen Weg zu einer ihn befriedigenden Auskunft.

Der Erbe ist darüber hinaus verpflichtet, den Wert einzelner Nachlassgegenstände ermitteln zu lassen, z.B. bei PKW durch eine gutachterliche Schätzung oder bei Grundstücken durch Verkehrswertgutachten. Zwar fallen auch diese Kosten dem Nachlass zur Last und mindern letztlich den Pflichtteilsanspruch. Häufig lässt sich aber auch nur durch eine gutachterliche Beurteilung ein befriedigendes Ergebnis erzielen.

Gegenüber wem und wie mache ich den Pflichtteilsanspruch geltend? Welche Fristen sind zu beachten?

Der Pflichtteilsanspruch entsteht bereits mit dem Erbfall. Ob der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch dann geltend macht, also Auskunft, Wertermittlung und Zahlung fordert, bleibt ihm selbst überlassen.

Der Anspruch ist gegenüber dem Erben, dem einzelnen Miterben oder gegenüber mehreren Miterben (bei Erbengemeinschaft) geltend zu machen.

Der Erbe kann jedoch verlangen, dass der Pflichtteilsanspruch gestundet wird, wenn die sofortige Erfüllung (Zahlung) eine unbillige Härte darstellen würde. Das Gesetz nennt hier explizit den Fall, dass der Erbe den Pflichtteilsanspruch nur durch Aufgabe des Familienheims erfüllen könnte.

Der Pflichtteilsanspruch verjährt nunmehr – bei Erbfällen ab dem 01.01.2010 – binnen drei Jahren und setzt Kenntnis von dem Erbfall und Kenntnis von der enterbenden oder beschränkenden Verfügung voraus. Die dreijährige Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Kenntnis erlangt wurde (sog. „Silvesterverjährung“).

Eine Rolle für die Verjährung spielen ferner Faktoren wie z.B. Kenntnis des Erben, irrige Annahme über Wirksamkeit / Unwirksamkeit von letztwilligen Verfügungen, Verhandlungen mit der Gegenseite, Anerkenntnis des Anspruches etc. Hier ist grundsätzlich eine Prüfung des Einzelfalles erforderlich.

Hat der Sozialversicherungsträger Zugriff auf meinen Pflichtteil?

Kurz und knapp, ja, sofern keine den Zugriff ausschließende Nachlassregelung erfolgt ist.

Der Sozialversicherungsträger, der Leistungen für den Pflichtteilsberechtigten erbracht hat, kann einen Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten und dann geltend machen.

Der Sozialversicherungsträger kann aber ein ggf. bestehendes Ausschlagungsrecht mit der Folge, dass dann ein Pflichtteilsanspruch entstehen würde, nicht auf sich überleiten.

Überleitbar sind aber die Ansprüche auf Zusatzpflichtteil des nicht hinreichend bedachten Erben oder Vermächtnisnehmers.

Im Ergebnis lässt sich also der Zugriff des Sozialversicherungsträgers durch entsprechende testamentarische Gestaltung ausschließen. Über die Zulässigkeit eines sog. „Behindertentestaments“ hat der BGH zuletzt 2011 entschieden, und auch eine Sittenwidrigkeit verneint.

Sind bei der Berechnung des Pflichtteils auch Schenkungen zu berücksichtigen, die der Erblasser vor dem Tod an den Erben oder andere Personen gemacht hat? Gilt hier immer nur ein Zeitraum von 10 Jahren?

Für die Berechnung des konkreten Pflichtteilsanspruches spielen Schenkungen des Erblassers zu seinen Lebzeiten keine Rolle. Gegenstand des Pflichtteilsanspruches ist der Nachlasswert bei Erbfall.

Lebzeitige Zuwendungen des Erblassers finden aber im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruches Berücksichtigung.

Dieser berechnet sich nach dem Wert, um den sich der Pflichtteil erhöhen würde, wenn der Gegenstand dem Nachlass zugerechnet werden würde.

Für Erbfälle ab dem 01.01.2010 gilt: Erfolgte die Schenkung binnen eines Jahres vor dem Erbfall, wird diese in vollem Umfang berücksichtigt. Für jedes weitere Jahr werden 10% in Abzug gebracht, so dass man im Ergebnis nach mehr als 10 Jahren auf einen Wert von Null kommt. Der Wert des Gegenstandes ist mit dessen Verkehrswert anzusetzen, wobei der maßgebliche Stichtag der Tag ist (Zuwendung oder Erbfall), an dem der Gegenstand den niederen Wert (indexiert) hatte.

Beispiele:

Der Erblasser E verschenkt im Anfang des Jahres 2005 mittels notariellen Vertrages ein Grundstück an seine Schwester. Der Eigentümerwechsel wird im Grundbuch erst Mitte 2008 eingetragen. E verstirbt Ende 2011. Das Grundstück hatte bei Schenkung (2005/2008) einen Wert von 90.000 EUR, bei Tod von 91.000 EUR.

Welcher Wert ist maßgebend?
Der Wert aus den Jahren 2005/2008 wird indexiert (Lebenshaltungskosten) und liegt dann über dem Wert des Jahres 2011. Maßgebend ist also ein Wert von 91.000 EUR zum Todestag.

Welche Abzüge?
Maßgebend ist hier nicht der Abschluss des notariellen Grundstücksübertragungsvertrages, sondern die Eintragung in das Grundbuch. Die Schenkung von 91.000 EUR, wird also nicht nur 40% (Jahr 2005), sondern mit 70% (Jahr 2008) in Ansatz gebracht, mithin liegt dem Pflichtteilsergänzungsanspruch ein Wert von 63.700 EUR zugrunde, und nicht 36.000 EUR (Stichtag 2005; nicht-indexierter Wert 90.000 EUR). Ein kleiner, aber wohl entscheidender Unterschied.

Bereits aus diesem Beispiel ist ersichtlich, dass die sog. 10-Jahresfrist in diesem engen Sinne nicht existiert. Diese Frist beginnt erst mit der Hingabe des geschenkten Gegenstandes, bei Grundstücken ist dies erst die Eintragung im Grundbuch, die ggf. mehrere Monate oder auch Jahre nach der Beurkundung der Schenkung liegen kann.

Für einen Pflichtteilsberechtigten ist neben diesen Umständen auch wichtig zu wissen, was der Inhalt des Schenkungsvertrages war. Dies ist zum einen erheblich für die Frage, ob Gegenleistungen geflossen sind, die den Wert der Schenkung mindern. Zum anderen ist dies für die Frage erforderlich, wann die Leistung des Gegenstandes erfolgt ist.

Ein übliches Beispiel ist die Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines Wohnrechts mit ggf. durchaus überraschenden Folgen für die Beteiligten.

Der Erblasser E überträgt Anfang des Jahres 1995 mittels notariellen Vertrages ein Grundstück mit kleinem Einfamilienhaus an seine Schwester, unter dem Vorbehalt eines unentgeltlichen und lebenslangen Wohnrechts. Die Schwester wird im Jahr 1996 in das Grundbuch eingetragen, zu diesem Zeitpunkt hatte das Grundstück einen Wert von 120.000 EUR. Den Wert des Wohnrechts bezifferten die Geschwister ebenfalls mit 120.000 EUR. Der E bewohnte das Grundstück bis zu seinem Tode im Jahr 2011. Grundstückswert bei Tod 110.000 EUR.

1. Da sich E an dem Grundstück die Nutzung vorbehalten hat und keine wirtschaftliche Ausgliederung aus seinem Vermögen erfolgt ist, gilt der Gegenstand erst mit seinem Tode als geleistet. Hieraus folgt ein Wertansatz zu 100%, trotz einer Schenkung vor mehr als 10 Jahren.

2. Auch die sog. „Gegenleistung“ wird hier nicht in Abzug gebracht. Das Grundstück hatte bei Tod einen geringeren Wert als im Zeitpunkt der Schenkung. Zu diesem Zeitpunkt war das Nutzungsrecht aber bereits erloschen und kann nicht mehr in Abzug gebracht werden.

Im Ergebnis wird der Gegenstand mit einem Wert von 110.000 EUR bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruches berücksichtigt.

Kann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch auch einem Erben zustehen?

Der Pflichtergänzungsanspruch ist ein selbständiger Anspruch, der nur voraussetzt, dass der Anspruchsteller pflichtteilsberechtigt ist. Soweit auch der Erbe pflichtteilsberechtigt wäre, stehen ihm diese Ansprüche auch bei Annahme der Erbschaft zu. Eine Einschränkung gibt es dahin, dass sich der Erbe auf einen Ergänzungsanspruch das anrechnen lassen muss, was er über die Hälfte seines gesetzlichen Erbrechts hinaus erhalten hat.

Beispiel:

Sohn S ist der gesetzliche Alleinerbe des verwitweten Erblassers E. Der Nachlass beträgt 50.000 EUR. Wenige Tage vor seinem Tod hat E seiner Haushälterin 100.000 EUR geschenkt. Der Ergänzungsanspruch des S gegen die beschenkte Haushälterin beträgt 25.000 EUR.

Er berechnet sich wie folgt: 50.000 EUR Erbschaft + (fiktiv) 100.000 EUR Schenkung = 150.000 EUR (fiktiver) Gesamtnachlass; hervor 1/2 (fiktive Pflichtteilsquote) = 75.000 EUR abzüglich der Erbschaft von 50.000 EUR = 25.000 EUR Pflichtteilsergänzungsanspruch

S erhält also 50.000 EUR Erbschaft und 25.000 EUR von der Haushälterin als Pflichtteilsergänzungsanspruch, insgesamt 75.000 EUR.

Was ist, wenn der Nachlass zur Deckung der Pflichtteilsansprüche und / oder Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht ausreicht?

Für den Pflichtteilsberechtigten stellt sich diese Frage in der Regel nur bei Pflichtteilsergänzungsansprüchen, die der Erbe mangels Nachlassmasse nicht erfüllen kann oder wegen eigener Pflichtteilsberechtigung des Erben nicht erfüllen muss. Er kann dann, aber auch erst dann, den beschenkten Dritten in Anspruch nehmen.

Der Erbe hat bei der Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen grundsätzlich nur die Pflicht, soweit zu erfüllen, bis ihm sein eigener Pflichtteil verbleibt.

Der Erbe kann die ihm auferlegten Vermächtnisse anteilig um die Pflichtteilslast kürzen, soweit der Erblasser nicht etwas anderes bestimmt hat.

Der pflichtteilsberechtigte Miterbe kann nach Teilung der Erbengemeinschaft die Zahlung des Pflichtteilsanspruches insoweit verweigern, dass ihm noch sein eigener Pflichtteil verbleibt.

Letztlich bleibt dem Erben noch die Möglichkeit Stundung zu verlangen, weil er z.B. für den Pflichtteilsanspruch das Familienheim veräußern müsste.