gesetzliche Erbfolge – ein Überblick
Im Erbrecht wird unterschieden zwischen der gesetzlichen Erbfolge und der gewillkürten Erbfolge. Letztere gilt aufgrund eines Testaments, gemeinschaftlichen Testaments oder eines Erbvertrages. Hier soll ein Überblick über das gesetzliche Erbrecht der Verwandten des Erblassers gegeben werden, wobei das Erbrecht des überlebenden Ehegatten mit einem anderen Beitrag erläutert wird.
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser über sein Vermögen nicht durch Erbeinsetzung verfügt hat, d.h. kein Testament hinterlassen hat, oder wenn der im Testament bestimmte Erbe nicht Erbe wird, zum Beispiel wenn er die Erbschaft ausschlägt.
Die gesetzliche Erbfolge tritt auch dann ein, wenn der Erblasser durch Testament nur über Teile seines Vermögens verfügt hat, etwa dann, wenn er einen Erben nur auf die Hälfte des Vermögens eingesetzt hat und die Erbfolge hinsichtlich des restlichen Vermögens offen gelassen hat.
Das Erbrecht des BGB sieht ein so genanntes Verwandtenerbrecht für die Hinterbliebenen des Erblassers vor. Grundsätzlich wird danach auf die Blutsverwandtschaft abgestellt – in Ausnahmefällen genügt aber auch eine rechtliche Verwandtschaft, wie z. B. nach einer Adoption.
Erbe kann wiederum nur sein, wer im Zeitpunkt des Erbfalls lebt. Jedoch gilt auch derjenige als vor dem Erbfall geboren, der bereits gezeugt war.
(1) Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt.
(2) Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren.
Der verwitwete Erblasser E hat einen unverheirateten Sohn S. S soll am 01.05.2010 Vater werden. S verstirbt am 01.03.2010, der E verstirbt am 01.04.2010. Das Kind K wird am 01.05.2010 geboren. Gesetzliche Erbfolge?
Der S wird von seinem noch nicht geborenen Abkömmling K beerbt. Der nachversterbende Großvater E wird ebenfalls von seinem noch nicht geborenen Enkel K beerbt. Der Anfall beider Erbschaften erfolgt sodann bei Geburt des K an diesen.
Die Rangfolge der in Betracht kommenden Erben bestimmt sich nach Ordnungen, wobei ein Verwandter nicht zur Erbfolge berufen ist, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.
Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.
1. Der Erblasser hat einen Sohn, ferner leben noch seine Mutter und sein Vater.
Der Sohn ist Erbe der 1.Ordnung und schließt dadurch die Eltern des Erblassers, die Erben der 2.Ordnung sind, von der Erbfolge aus. Der Sohn erbt, die Eltern des Erblassers nicht.
2. Die Eltern des Erblassers sind bereits verstorben, es lebt aber noch seine Großmutter und sein Bruder.
Der Bruder ist Abkömmling der Eltern des Erblassers und damit Erbe 2.Ordnung. Die Großeltern des Erblassers sind Erben 3.Ordnung. Es erbt also der Bruder, die Großeltern nicht.
Das Gesetz kennt vier Ordnungen und fernere Ordnungen.
Erben 1. Ordnung
Die gesetzlichen Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Neben adoptierten Kindern werden seit dem Erbrechtsgleichstellungsgesetz vom 16.12.1997, das zum 1.4.1998 in Kraft getreten ist, auch nichteheliche Kinder als gesetzliche Erben erster Ordnung angesehen.
Ist ein direkter Abkömmling (Kind) des Erblassers bereits vorverstorben und hinterlässt er selbst eigene Abkömmlinge (Enkel), dann treten diese an die Stelle ihrer vorverstorbenen Eltern (Eintrittsrecht).
Dies nennt man auch Erbfolge nach Stämmen, das heißt ein jeder mit dem Erblasser verwandter Abkömmling bildet einen eigenen erbrechtlich relevanten Stamm. Dieser Stamm wird durch den Abkömmling repräsentiert, der dem Erblasser am Nächsten steht, zugleich schließt dieser Repräsentant seine Abkömmlinge von der Erbfolge aus. Fällt dieser Abkömmling weg, treten dessen Abkömmlinge in seine erbrechtliche Stellung ein.
(1) Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers.
(2) Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
(3) An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).
(4) Kinder erben zu gleichen Teilen.
Der verwitwete Erblasser E hat einen Sohn S, dieser hat wiederum zwei Kinder, S-K1 und S-K2. Der Erblasser hatte noch eine Tochter T, diese ist vorverstorben, und hinterlässt ebenfalls zwei Kinder, T-K1 und T-K2.
Es ergeben sich insoweit zwei Stämme, der Stamm des Sohnes S und der Stamm der Tochter T. Auf jeden Stamm entfällt der gleiche Erbanteil. Der Stamm des S wird von ihm selbst repräsentiert, der Stamm der T von deren Kindern, T-K1 und T-K2. Es erben der S zu ½ und T-K1 und T-K2 zu je ¼.
Hinterlässt ein Abkömmling, der im Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr lebt oder die Erbschaft ausschlägt, keine eigenen Abkömmlinge, dann wächst sein Anteil den übrigen Erben an (Anwachsung). Dies folgt aus dem Prinzip, dass Erben der vorgehenden Ordnung die Erben nachfolgender Ordnungen ausschließen (§ 1930 BGB)
Erben 2. Ordnung
Sind beim Tode des Erblassers keine Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel) vorhanden, dann sind seine Eltern und, wenn diese bereits vorverstorben sind, seine Geschwister, als Abkömmlinge der Eltern zu gesetzlichen Erben berufen (Erben zweiter Ordnung).
Halbgeschwister erben nur nach dem Elternteil, den sie mit dem Erblasser gemeinsam haben.
Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Elternteil nicht mehr, so treten an dessen Stelle dessen Abkömmlinge nach den für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften. Sind Abkömmlinge des bereits verstorbenen Elternteils nicht vorhanden, so erbt der überlebende Elternteil allein.
(1) Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
(2) Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen.
(3) Lebt zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge nach den für die Bewerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so erbt der überlebende Teil allein.
(4) In den Fällen des § 1756 sind das angenommene Kind und die Abkömmlinge der leiblichen Eltern oder des anderen Elternteils des Kindes im Verhältnis zueinander nicht Erben zweiter Ordnung.
1. Der Erblasser E hat keine Kinder. Von seinen Eltern lebt noch seine Mutter M, der Vater V ist vorverstorben. E hat noch ein „Vollgeschwister“, den Bruder B.
Die M erbt zu ½. An die Stelle des vorverstorbenen V tritt B, der dessen ½ erbt.
2. Der Erblasser E hat keine Kinder. Seine Eltern sind vorverstorben. Der Erblasser hat noch zwei Vollgeschwister, einen Bruder B, eine Schwester S und ein Halbgeschwister P, der nichteheliche Sohn des Vaters.
B und S erben als Abkömmlinge der Mutter (mütterliche Linie 1/2), jeweils ¼. Der Erbteil des Vaters (väterliche Linie 1/2) geht auf dessen drei Abkömmlinge zu gleichen Teilen über, so dass B, S und P nach ihrem Vater jeweils 1/6 erben. Insgesamt erben die Kinder wie folgt: B und S zu je 5/12 und P zu 1/6.
Erben 3. und 4. Ordnung
Erben der 3.Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, gesetzliche Erben der 4. Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls die Großeltern, so erben diese allein und zu gleichen Teilen, also jeder ¼. Lebt ein Teil eines Großelternpaares oder das Großelternpaar nicht mehr, fallen die Anteile den Abkömmlingen (Onkel und Tanten des Erblassers) zu. Lebt ein Großelternpaar nicht mehr und sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so erben die anderen Großeltern oder deren Abkömmlinge.
(1) Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
(2) Leben zur Zeit des Erbfalls die Großeltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen.
(3) Lebt zur Zeit des Erbfalls von einem Großelternpaar der Großvater oder die Großmutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen Abkömmlinge. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so fällt der Anteil des Verstorbenen dem anderen Teil des Großelternpaars und, wenn dieser nicht mehr lebt, dessen Abkömmlingen zu.
(4) Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Großelternpaar nicht mehr und sind Abkömmlinge der Verstorbenen nicht vorhanden, so erben die anderen Großeltern oder ihre Abkömmlinge allein.
(5) Soweit Abkömmlinge an die Stelle ihrer Eltern oder ihrer Voreltern treten, finden die für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften Anwendung.
(1) Gesetzliche Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
(2) Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern, so erben sie allein; mehrere erben zu gleichen Teilen, ohne Unterschied, ob sie derselben Linie oder verschiedenen Linien angehören.
(3) Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern nicht mehr, so erbt von ihren Abkömmlingen derjenige, welcher mit dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt ist; mehrere gleich nahe Verwandte erben zu gleichen Teilen.
Der 30 Jahre alte Erblasser E ist kinderlos, nicht verheiratet und war das alleinige Kind seiner Eltern. Die Eltern von E sind bereits verstorben. Es lebt noch das Elternpaar seines Vaters, von dem Elternpaar seiner Mutter lebt noch der Vater. Die Mutter des E hatte noch eine Schwester.
Was gilt bei Tod des E? Es gibt keine Erben 1.Ordnung (Abkömmlinge des E) und keine Erben 2. Ordnung (Eltern des E oder deren Abkömmlinge, Geschwister des E). Es erben die Großeltern zu je ¼, das ¼ der vorverstorbenen Großmutter des Max geht an seine Tante.
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